Tobias Krüger spricht über Ups & Downs im Kulturwandel bei der Otto Group.
2015 wurde der Kulturwandel initiiert. Auslöser war die größte Pleite im Geschäftsergebnis. Viele strategische und prozessuale Aspekte waren schon bedient. Transformation in Richtung Digitalisierung war bereits ausgeschöpft. Was baucht es, um in dieser veränderten Welt zurecht zu kommen? Seine Antwort: "Dinge anders machen, statt mehr davon!"
Thomas: Du bist ja einer der führenden Kulturwandel-Manager, wenn ich das so sagen darf,
zumindest verrät das dein LinkedIn-Profil über dich. Du bist ein gefragter Redner und wirst gerne eingeladen zu Vorträgen und Interviews, weil was bei der Otto-Group passiert ist in den letzten Jahren doch einzigartig zu sein scheint.
Kannst du uns etwas erzählen darüber, wie ihr das gemacht habt, was ausschlaggebend war, wie dieser Kulturwandel eigentlich zustande gekommen ist und was Unternehmenskultur wirklich ist, aus deiner Sicht.
Tobias Krüger: Erstmal vielen Dank für die Einladung und die Chance mit euch zu sprechen.
Fünf Sätze zu mir, wie du schon richtig sagst bin ich verantwortlich im Moment in der Otto-Group für das Team, das den Kulturwandel treibt, allerdings glaube ich wäre es sehr vermessen zu sagen, dass mein Team und ich das irgendwie alleine machen, im Gegenteil, wir sind sehr breit aufgestellt und haben eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen, die sich
in diesem Thema engagieren.
Warum machen wir das Ganze? Wir haben 2015 das erste Mal in der Geschichte der Otto-Group tatsächlich Verlust gemacht und es war gar nicht so wenig, knappe 200 Millionen Euro Miese. Es waren alle ein bisschen nervös und wir haben dann überlegt, woran liegt denn das eigentlich?
Zu dem Zeitpunkt war meine Rolle in der Konzernstrategie angesiedelt und wir haben einfach sehr stark darauf geachtet, wo sich Herausforderungen die wir im Zuge der Digitalisierung meistern müssen zeigen und haben festgestellt, dass wir viele Aspekte schon bedienen, also vor allem strategische Aspekte, viele prozessuale Aspekte und auch technische Infrastruktur-Aspekte.
Aber uns hat irgendwie so ein bisschen der Blick gefehlt dafür, wie wir eigentlich als Organisation sein müssen, also was unser Mindset ist, was die Mitarbeiter an Organisation, an Rahmenbedingungen brauchen um mit dieser veränderten Welt der Digitalisierung zurechtzukommen.
Vor dem Hintergrund haben wir Kulturwandel gestartet. Das ist extrem wichtig zu
verstehen, weil bei uns Kulturwandel sehr stark gekoppelt ist an das Ökonomische, und das ist häufig ein Unterschied zu anderen Unternehmen, mit denen ich spreche, bei denen Kulturwandel eine Veränderung ist die in die Singen, Klatschen, Tanzen-Ecke gestellt wird. Wir machen Kulturwandel bei uns vor allem nicht, weil wir die Bäume umarmen wollen, sondern wir machen das im Kern, um nachhaltig unser Geschäftsmodell und die Geschäftsmodelle, die wir der Gruppe haben, auszurichten auf die digitale Welt.
Es ist extrem toll zu sehen, dass es für viele Menschen dazu führt, dass sie sich wohler fühlen, dass sie motivierter sind, dass sie auch mehr Freiheiten genießen können, aber das war am Anfang nicht der Hauptzweck und wenn bin ich ganz ehrlich bin, auch das beste Abfallprodukt vom Kulturwandel.
Im Kern ist es tatsächlich ein strategischer Blick, den wir darauf setzen, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Das heißt, man muss ganz klar sagen, der Ausschlaggeber für den Start des Kulturwandels war einfach ein schlechtes
Geschäftsergebnis.
Es ist sogar noch mehr gewesen, also wir haben ein sehr schlechtes Ergebnis gehabt, das
schlechteste in der Unternehmensgruppen überhaupt, und wir haben dazu eine Situation gehabt, dass wir strategisch extrem viel gemacht haben. Die allermeisten Firmen, die sich
mit Digitalisierung beschäftigen, versuchen im ersten Schritt, eigene Geschäftsmodelle zu digitalisieren, das haben wir auch gemacht. Wir haben dazu sogar schon angefangen, Greenfield Investments zu tätigen, mit so etwas wie "About You", was ja auch extrem erfolgreich ist. Wir haben zusätzlich dazu auch strategisch angefangen, die berühmten Daten zu monetarisieren, also ein Geschäftsmodell aufzubauen, die auf dem Datenschatz der Otto-Group aufsetzen, und hatten dazu sogar noch Venture-Aktivitäten.
Das heißt, wir hatten damals bereits ein strategisches Portfolio aufgefahren, dass sehr viel mehr ist, als es viele andere Unternehmen machen und haben in dieser Situation, wo wir das
Gefühl hatten, es eigentlich ganz gut im Griff zu haben, also Digitalisierung verstanden zu haben und viele Stoßrichtung etabliert hatten trotzdem eins auf die Nuss gekriegt.
Das heißt, also, wir haben nicht nur Krise gehabt, sondern wir haben eine Krise gehabt, die
tiefer ging, weil das, was wir getan haben, relativ ausgeschöpft war. Ich würde sogar so mutig sein zu sagen, wenn wir das nicht gehabt hätten, wir viele dieser Stoßrichtungen nicht schon initiiert hätten, wären das die ersten Wege gewesen, die wir gemacht hätten. Dann hätten wir wahrscheinlich eher gesagt, wir transformieren nicht mehr, wir müssen etwas zusätzlich machen, oder wir müssen noch irgendwas drumherum bauen, aber wir waren aus der strategischen Perspektive relativ "ausgelutscht", also viel mehr hätte man gar nicht machen können!
Das hat uns dazu gezwungen, viel stärker in den Paradigmenwechsel zu denken und zu sagen, wenn das, was wir tun nicht mehr reicht, dann wird auch das was wir können, wenn wir das mehr machen, nicht mehr reichen, also noch mehr davon zu tun, nicht helfen!
Wir müssen Dinge anders machen, und das hat auf jeden Fall den Raum dafür eröffnet oder die Chance gegeben, so ein bisschen abseits der bekannten Pfade Dinge ausprobieren zu können so.
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